#jaworskyj Foto Reiseführer – Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen

Die Forderung an den Fotografen, gute Bilder zu schaffen, hat eine Kehrseite – wer schafft gute Betrachter für die Bilder?~anonym

Der Foto-Influencer Benjamin Jaworskyj hat ein neues Buch geschrieben, wobei man “geschrieben” hier wohl nicht so genau nehmen sollte, denn augenscheinlich stammen die meisten Fotos von Besuchern seiner Website bzw. seiner diversen Social-Media-Channels. Für 26,99 Euro erhält man ein 220 Seiten starkes Buch, das einem schöne Fotospots aus dem Osten Deutschlands näherbringen möchte. Der Aufwand von Jaworskyj selber an der Entstehung dieses Buches dürfte dabei sehr gering gewesen sein. Zwar habe ich vor einigen Wochen ein Video auf seinem Youtube-Kanal gesehen, dessen Foto sich auch im Buch wiederfindet, aber bei der Quellenangabe der einzelnen Fotos tauchen dann doch zu viele Namen auf. Und wo wir schon bei den Quellenangaben sind: Es verwundert mich dann doch ein wenig, daß ein professioneller Fotograf u. a. auf pixabay zurückgreifen muß.

Ich möchte mich bei der Betrachtung des Druckerzeugnisses nur mit den Fotospots aus Berlin befassen, weil ich dort bereits etliche Male war.

Jeder Spot wird auf einer Doppelseite präsentiert. Zunächst einmal wird eine knappe Einleitung vorangestellt, der die Beschreibung des Hauptmotives folgt, welches mit mindestens einem großen Foto gezeigt wird. Die Einleitung und die Beschreibung der Motive sind dabei nicht länger als zwei oder drei Sätze. Anschließend folgt die Beschreibung eines Nebenmotivs, welches man am gleichen Spot sozusagen als “Beifang” auch noch mitnehmen kann. Abgerundet wird die Doppelseite mit Angaben zur Adresse, Anreise, Öffnungszeiten und evtl. Eintrittspreise. Ein QR-Code ist ebenfalls vorhanden, um diesen Fotospot auf einer Karte anzeigen zu lassen. Zusätzlich wird dem Leser eine Information mitgegeben (“Wusstest du…?”) und ein Hinweis zum Fotografieren ist ebenfalls enthalten.

Zum Berliner Dom hätte ich mir als Nebenmotiv den Lustgarten oder die Museuminsel gewünscht, weil man sich bei dem vorgestellten Hauptmotiv ja bereits im Lustgarten findet und sich für die Museuminsel bzw. die dort befindlichen Museen lediglich nach links drehen oder wenige Meter gehen muß. Der Autor hat sich jedoch anders entschieden und eine weitere Perspektive des Berliner Doms aufgenommen. Ansonsten sind zumindest die Berliner Fotospots sorgfältig zusammengetragen und auch recht gut beschrieben.

Die eingangs erwähnten Hinweise zum Fotografieren sorgen teilweise für Schmunzeln – bei mir jedenfalls. Ich persönlich glaube nicht, daß das Buch für Anfänger konzipiert ist, denn Angaben zu Brennweiten, Belichtung etc. fehlen gänzlich. Die Hinweise der “Foto-Locals”, wie die Hinweisgeber genannt werden, die Jaworskyj in dem Buch plaziert hat, erstaunen dann jedoch an mancher Stelle. Beispiele gefällig?

  • Für die Oberbaumbrücke ist der Tip, daß die gelbe Bahn mit einer Langzeitbelichtung tolle Lichtzieher erzeugt. Wahnsinn, oder? Wer hätte das gedacht!?
  • Für den Wasserfall im Viktoriapark rät man zu einem Polfilter für entspiegelte Oberflächen.
  • Für den Zoo wird dem Fotografen ein Teleobjektiv empfohlen.
  • Bei Sonnenaufgang kann man am Bode-Museum bei vorhandenem Glück ein Farbenspiel am Himmel sehen (Was übrigens bei fast jedem Fotospot während des Sonnenaufgangs möglich ist, sofern der Himmel im Bild ist!).
  • Vor der Siegessäule ist es möglich, sich auf der Mittelinsel hinzustellen, um abends rechts und links ebenfalls Lichtspuren im fertigen Bild zu haben.
  • Für ein Foto der Milchstraße braucht man ein Stativ.
  • Wenn man überlaufene Hotpots möglichst alleine und ohne Menschen ablichten möchte, dann sollte man ganz früh morgens da sein.
  • Ein Foto-Local empfiehlt sogar, daß man Langzeitbelichtungen zum Sonnenaufgang machen sollte, weil dann keine Menschen unterwegs sind und die Lichtstimmung hervorragend ist.
  • Außerdem soll man verschiedene Perspektiven ausprobieren, weil das Bild dann immer anders aussieht.
  • Tagsüber kann man mit einem ND-Filter Menschen und bewegte Objekte verschwinden lassen, wenn man eine Langzeitfotografie macht.
  • Wenn man Glück hat, kann man an einem See im Wald Tiere fotografieren.

Was sind das bitte für Tips?!?!? Bislang alles Hinweise, die die Welt nicht braucht, weil sie sie schon kennt. Ganz ehrlich: Ich kam mir stellenweise schon ein wenig verarscht vor! Ich vermisse im ganzen Buch eigentlich nur noch folgende Hinweise:

  • Wenn man die Wohnung zum Fotografieren verläßt, sollte man die Kamera mitnehmen!
  • Wenn man die Kamera nicht einschaltet, kann man keine Fotos machen!
  • Um sich die Fotos auf dem heimischen Computer anzuschauen, kann man die Speicherkarte aus der Kamera im PC einlesen.

Tut mir leid, Herr Jaworskyj, aber das ist teilweise wirklich richtig lächerlich! Und ich ignoriere dabei mal, daß die Anrede des Lesers im gesamten Buch konsequent klein geschrieben wird. Den ein oder anderen Rechtschreibfehler habe ich auch noch gefunden (oder heißt das Paul-LöbeHaus wirklich so? In meiner Erinnerung kommt noch ein Bindestrich vor das Haus, aber ich kann mich auch irren.), aber wer wird denn kleinlich sein.

Fazit

Dummerweise sind ja sämtliche Bücher zur Fotografie wesentlich teurer als andere Bücher, so daß der Preis von 26,99 Euro, zu dem dann noch einmal 3,50 Euro Versand kommen, wohl gerechtfertigt ist, wenn man das Buch im Kontext des Themengebietes sieht. Jaworskyj hat hier – wie bereits erwähnt – wohl eher nur seinen Namen gegeben und nutzt seine Internetpräsenz zum Vertrieb. Ob die Texte im Buch eigene Impulse von ihm sind, ist mir nicht bekannt.

Für wen lohnt sich das Buch? Generell erst einmal nur für die Leute, die eine Reise in den Osten Deutschlands geplant haben. Die werden hier mit Sicherheit fündig. Ansonsten hält sich der Nährwert des Buches in Grenzen.

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