Fussball – das Geschäft mit den Millionen

Bilder, welche Du gemacht hast, haben Einfluss auf die, welche Du machen wirst.~John Sexton

Wenn man einmal die Gehälter eines Arbeiters (Nennen wir ihn der Einfachheit halber A.), der vielleicht 2.000 Euro im Monat verdient und eines Beamten (B) mit einem Gehalt von ca. 3.000 Euro annimmt und sich dann die Gehälter der Fußballprofis anschaut, dann dürfte einem nicht ganz klar werden, warum A oder B einiges von ihrem sauer verdienten Geld in die Fußballstadien und -vereine tragen. Die Gehälter habe ich jetzt mal als glatten Wert genommen, weil es dann einfacher zu rechnen ist, wohl wissend, dass es wesentlich mehr Leute der Kategorie A gibt, die noch nicht einmal 2.000 Euro im Monat verdienen. Was wir ebenfalls bei der gesamten Rechnung außer acht lassen wollen, sind die monatlichen Fixkosten. Miete, Versicherungen, Sprit, Ausgaben für Essen, Kleidung und Hobby u. ä. fließen also nicht in die Rechnung ein, wenngleich man wohl konstatieren muss, dass diese Ausgaben für jemanden, der wesentlich mehr verdient, auch deutlich einfacher zu bezahlen sind, weil sie im Geldbeutel nicht so weh tun. Und die Brötchen kosten für beide auch gleich viel. Hier ist also die Differenz zwischen Ausgaben für den Lebensunterhalt für den Fußballer ungleich höher. Wer jetzt dagegen argumentiert, dass ein Fußballprofi auch in einer teureren Wohnung bzw. einem Haus wohnt, dem sei gesagt, dass der Sportler auch genauso gut in einer Drei-Zimmer-Wohnung wohnen könnte. Es ist immer eine Frage des Könnens (für A und B) und Wollens (für den Sportler).

In der Zweitligasaison 2023/24 betrugen die Spielerhonorare beim Bundesligaabsteiger FC Schalke 04 nach Recherchen und Aussagen der Sport Bild (Ausgabe 50/2023) zwischen 400.000 Euro und 1,2 Millionen Euro je Akteur. Dynamo Dresden hingegen bezahlte als Drittligist seinem Topverdiener geschätzte 250.000 Euro im Jahr.

Stellt man das einmal gegenüber und rechnet es auf einen Monat um, dann bekommt ein Spieler bei Schalke zwischen 33.333 Euro und 100.000 Euro. Bei Dresden sind es immerhin „noch“ 20.833 Euro. Ein Schalker verdient also 16,67 mal so viel wie A und 11,11 mal so viel wie B – wenn er denn im unteren Gehaltssegment liegt. Im oberen Bereich sind 50 mal mehr (A) bzw. 33,33 mal (B). Umgekehrt bedeutet das, dass A 50 Monate arbeiten gehen muss, um auf das niedrigste Gehalt des Schalker Spielers zu kommen. Anders ausgedrückt sind das etwas mehr als vier Jahre!

Was man in dem Zusammenhang nicht vergessen sollte und darf, sind die bezahlten Punktprämien. Hierzu war in Ausgabe 49/2023 der Sport Bild eine Auflistung des 1. FC Köln zu lesen, der auf Tabellenplatz 1 stehend pro Punkt 12.000 Euro pro Spieler zahlt. Wenn man vom realistischen Verlauf der Saison ausgeht (und so war es ja auch), sollte der 1. FC Köln zwischen Platz 7 und 18 stehen, wobei der FC für die letzten beiden Plätze keine Punktprämien zahlt, für die anderen jedoch 7.000 Euro pro Punkt. Bei einem Sieg kann ein Spieler also mal eben noch 21.000 Euro nebenbei kassieren, denn sein Grundgehalt bekommt er ja trotzdem. Und das dürfte sich ein wenig über dem des FC Schalke 04 bewegen, der ja in der Saison nicht mehr in der Bundesliga spielte. Übrigens bekommen die Spieler, die im Kader waren, aber nicht eingewechselt wurden, immerhin noch 10% der Punktprämie. Bei einem Sieg also 2.100 Euro für‘s dreistündige Nichtstun. Damit hat ein Spieler, der anschließend eigentlich noch nicht einmal duschen gehen müsste, ganze 100 Euro mehr verdient als A, der tagtäglich teilweise unter größten Anstrengungen mindestens acht Stunden buckeln muss.

Erkennt man bis hierhin schon irgendwie eine enorme Ungerechtigkeit? Wir können aber auch noch einen Blick auf das (geschätzte) Gehalt des (Jugend-)Spielers Paris Brunner werfen, der laut Sport Bild (auch Ausgabe 49/2023) bei Borussia Dortmund 8.500 Euro pro Monat kassiert. Wohlgemerkt: Brunner ist zwar U17-Weltmeister, aber eben auch 17 Jahre alt. Er verdient also mit 17 schon mehr als viermal mehr als A und fast dreimal so viel wie B – im Monat!!! Die Sport Bild teilt im gleichen Artikel aber auch mit, dass er mit diesem Gehalt noch nicht einmal zu den Top-Verdienern im Kader zählt. Es gibt also noch Spieler, die mehr bekommen. Wenn er nun einen Profivertrag bei der Borussia unterschreibt, dann bekommt er 50.000 Euro pro Monat. Für die Unterschrift bekäme er dann eine marktübliche Provision von ca. 500.000 Euro – das sog. „Handgeld“.

Dieses Handgeld schauen wir uns jetzt mal genauer an: A verdient im Jahr 24.000 Euro, B 36.000. A muss also 20,83 Jahre arbeiten, um alleine das Handgeld zu verdienen, welches ein solcher Spieler lediglich für den Federstrich auf seinem Vertrag bekommt. In der gleichen Zeit bekommt der Spieler allerdings noch sein Monatsgehalt on top, welches wir eigentlich in diese Rechnung auch mit einbeziehen müssen. Wie wir mittlerweile wissen, bekommt ein Spieler für seinen ersten Profi-Vertrag 50.000 Euro. In den 20,83 Jahren, die A für das Handgeld arbeiten muss, bekommt der Spieler also noch einmal 1 Million Euro, für die A dann zweimal 20,83 Jahre arbeiten müsste – also bis weit nach der Rente, denn dreimal 20,83 sind 62,49 Jahre.

Haben wir jetzt noch etwas bei dieser Rechnung vergessen? Absolut! Denn die mit Sicherheit vorkommenden Gehaltssteigerung haben wir auf beiden Seiten ausgelassen, wobei die Steigerungen bei dem Spieler deutlich größer sein dürften als bei A. Der jedoch, vorausgesetzt es handelt sich um einen Fußballfan, geht alle zwei Wochen ins Stadion und kauft sich mindestens einmal in der Saison ein neues Trikot, das jährlich auch immer teurer wird. Mittlerweile sind ja Preise von 120 Euro Normalität. Die Spieler hingegen müssen ihre Ausstattung nicht selber zahlen, sondern bekommen sie vom Verein gestellt. Und für die Fußballschuhe haben sie im Regelfall noch einen Ausrüstervertrag, der ihnen nicht nur Material, sondern eben auch noch mehr Geld zusichert. Sollten sie einen solchen nicht haben, dann bekommen sie ihre Schuhe vom Verein gestellt. Gott sei Dank kommen da keine weiteren Kosten auf sie zu!

Jetzt kommt mit Sicherheit das Argument, dass ein Profisportler bei guter Pflege und Verletzungsfreiheit maximal ca. 20 Jahre seinen Beruf ausüben kann, wenn man mal davon ausgeht, dass er mit 17 Jahren bereits einen Profivertrag unterschreibt und seine Karriere mit 37 beendet, was heute keine Seltenheit mehr ist. Und ab 37 bekommt der bedauernswerte Sportler kein Geld mehr in seinem Leben. Er wird bettelarm oder geht den Weg, den die meisten Ex-Sportler gehen: Er bleibt dem Fußball erhalten und wird Trainer oder Manager bei einem Verein. Das geht im Nachwuchsbereich oder bei den Profis. Vereine gibt es ja genug. Die andere Alternative ist ein Wechsel ins Ausland. Die erfolgversprechendste Variante ist aber die, dass er Experte bei einem der zahlreichen Fernsehsender oder Streamingdienste wird. Sky, DAZN oder wie sie alle heißen, holen sich die Zusatzkosten, die für das Gehalt der Experten anfallen, vom Endverbraucher zurück, indem sie einfach mal eben die Gebühren anheben. Hinzu kommen noch die immensen Kosten für die Übertragungsrechte der einzelnen Events. Mittlerweile ist ja schon der normale Bundesliga-Spieltag mehrfach geteilt und von der 2. Bundesliga abgekoppelt. Hier will die DFL die möglichst höchste Summe beim Verkauf der Übertragungsrechte erzielen. Da wird unterschieden zwischen Erst- und Zweitverwertung und der Möglichkeit des Streamings, der Radioübertragung und und und.

Die einzelnen Sender müssen also zunächst einmal entscheiden, welche Wettbewerbe sie übertragen wollen. Das Premiumprodukt ist dabei ganz klar in Deutschland die Bundesliga und europäisch die Champions League. Jetzt gibt es aber eben auch die 2. Bundesliga, für die DFL Kohle sehen will, und die 3. Liga, deren Übertragungsrechte der DFB verkaufen möchte. Und dann gibt es ja auch noch die Nationalmannschaft, deren Spiele auch irgendwo zu sehen sein sollen.

Übrigens fand ich den von Oliver Bierhoff seinerzeit erdachten Begriff „Die Mannschaft“ gar nicht mal so schlecht, wie er gemacht wurde. Man hat ja gesagt, dass damit alle anderen Mannschaften abgewertet würden und dem DFB reines Marketing vorgeworfen. Guckt man jedoch ins europäische Ausland, begegnet einem da nicht nur die Équipe Tricolore in Frankreich, die daheim jedoch nur „Les Bleus“ genannt wird, die Elftal der Niederländer, die Three Lions der Engländer, die Squadra Azzurra der Italiener oder die Nati der Schweizer. Beim Blick über Europas Grenzen seien nur die beiden Nationalmannschaften aus Südamerika genannt, die sich Albiceleste (Argentinien) und Seleção (Brasilien) nennen. Hört man aus den genannten Ländern jemals Beschwerden darüber? Ich persönlich hätte vor der Abschaffung des Begriffs „Die Mannschaft“ zunächst einmal an anderen Dingen gearbeitet, um glaubwürdiger zu bleiben.

Kommen wir lieber wieder zurück zu den Fernseh- bzw. Übertragungsrechten. Die Spieltage in der Bundesliga und 2. Bundesliga sind also schon mehrfach geteilt. Da finden bzw. fanden Spiele freitags, samstags, sonntags und montags statt. Die UEFA hat für sich entschieden, die immer größer werdende Champions League auf zwei Tage mit je zwei verschiedenen Anstoßzeiten aufzuteilen. Da wird mittlerweile dienstags und mittwochs um 18 Uhr und um 21 Uhr gespielt. Oder war es 20.45 Uhr? Wer blickt da schon so genau durch?! Der ehemalige UEFA-Cup, der mittlerweile leider einen anderen Namen hat, wird donnerstags ausgespielt und die neu hinzugekommene Conference League auch. Wer braucht diese Conference League überhaupt? Die UEFA hat seinerzeit den Pokal der Pokalsieger abgeschafft und einige Jahre später einen komplett neuen Wettbewerb erfunden. Warum??? Diese Frage kann man übrigens auch nach dem Sinn der sog. „Champions League“ stellen, denn warum spielen dort Vereine mit, die überhaupt keine aktuellen Champions sind? Wenn man schon den Pokal der Pokalsieger abschaffen musste oder wollte, dann wäre es konsequent gewesen, die Pokalsieger der einzelnen Länder in der Champions League mitspielen zu lassen, denn sie sind amtierende Champions ihres Landes. Und der zweite Champion ist eben der jeweilige Meister. Aber was passiert nun, wenn beispielsweise in Spanien der FC Girona den Pokal gewinnt und Real Sociedad San Sebastian Meister wird? Es kann doch alleine schon vom Selbstverständnis her nicht sein, dass Real Madrid oder der FC Barcelona nicht in der Champions League dabei sind! Und wer schaut sich im schlimmsten Fall die Begegnung FC Girona gegen den (fiktiven) italienischen Pokalsieger FC Turin an? Würde es nicht wesentlich mehr Zuschauer bringen, wenn in der Champions League der FC Barcelona gegen Juventus Turin spielen würde? Mehr Zuschauer = mehr abgeschlossene Abonnements = mehr Geld für den übertragenden Sender. Und der nächste Gewinner ist natürlich die UEFA selber, die dadurch, dass eben auch Vereine, die keine Champions sind, teilnehmen dürfen, einen höheren Preis für die Übertragungsrechte verlangen kann. Jetzt könnten die Vereine natürlich selber dagegen auf die Barrikaden gehen, was sie selbstverständlich nicht machen, denn die UEFA zahlt einen Großteil des Erlöses als Prämien wieder an die Vereine aus. Schlachte nie die Kuh, die Dir die Milch gibt!

Und für die ganzen anderen Vereine, die so niemals die Chance haben, an der Champions League teilzunehmen, obwohl sie Meister ihres Landes sind, lässt die UEFA pro forma eine Qualifikationsrunde ausspielen, in der sich im Regelfall immer die stärkeren Vereine durchsetzen sollen, wobei die dann meistens auch aus den lukrativeren Fernsehmärkten kommen. Und damit die Verlierer nicht aufbegehren, erfindet die UEFA einfach noch einen weiteren Wettbewerb, deren Übertragungsrechte sie dann ebenfalls wieder verkaufen kann. Und so kommt immer mehr Milch in die Kuh, die dann verteilt werden kann.

Die UEFA veranstaltet alle vier Jahre die Europameisterschaft. Um da noch durchzublicken, wer sich wie qualifizieren kann, muss man nicht nur ein Mathematikstudium absolviert haben, sondern auch noch Astrophysik studiert haben, denn logisch ist das nur denjenigen, die sich den Modus ausgedacht haben oder die von denen eingeweiht wurden. Und dieser extrem verworrene Qualifikationsmodus dient wieder nur dazu, dass die Länder, die normalerweise niemals an einer solchen Europameisterschaft teilnehmen würden, weil sie ganz einfach zu schlecht sind, dann eben doch teilnehmen können. Gibt immerhin ein wenig Geld für die Länder und da das Teilnehmerfeld ja stetig größer wird…

Ist bei der Weltmeisterschaft übrigens genauso! Da interessiert auch nur noch die Kohle und sonst nichts. Oder warum sonst wird auch dort das Teilnehmerfeld immer größer und die Weltmeisterschaft findet in mehreren Ländern gleichzeitig statt? Aber wir entfernen uns immer mehr vom eigentlichen Ansinnen…

Gehen wir den gleichen Weg mal wieder zurück: Die Übertragungsrechte werden also insgesamt immer teurer, weil es mittlerweile auch immer mehr Anbieter dafür gibt. Der einstige Buchhändler Amazon überträgt mittlerweile ja auch schon Spiele. Ich warte nur noch darauf, dass Rossmann eines Tages auch einsteigt und man in deren Online-Shop dann vielleicht den nächsten unsinnigen Wettbewerb sehen kann – vielleicht aber auch die Bundesliga. Wenn Rossmann genug zahlt, sollte das doch möglich sein. Und wenn Rossmann möchte, dass dann an jedem Wochentag ein Spiel stattfindet, wird man bei der DFL schon eine Lösung dafür finden. Dann bastelt man die Spieltage eben um die ganzen FIFA- und UEFA-Wettbewerbe herum und hat Verhältnisse wie im Eishockey, wo die Tabelle irgendwie nie „gerade“ ist, weil alle Vereine eine unterschiedliche Anzahl an Spielen absolviert haben.

Und weil sämtliche Verbände immer mehr Geld scheffeln, ist es damit auch den Vereinen möglich, ihren Angestellten immer mehr Lohn zu bezahlen. Wobei das natürlich nicht so ganz stimmt, denn der Verkäufer im Fanartikelshop wird mit Sicherheit nicht mehr verdienen, denn die horrenden Summen wandern nur ins kickende Personal. Die Artisten locken die Zuschauer an und sollen daher auch angemessen entlohnt werden. Das ist doch wohl logisch!

Doch warum sehen die Zuschauer das alles nicht? Oder sehen sie es und nehmen es klaglos hin?

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