Ed Sheeran in Gelsenkirchen

Ein Foto wird meistens nur angeschaut – selten schaut man in es hinein.~Ansel Adams

Die Anreise zum Ed-Sheeran-Konzert in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen gestaltete sich trotz angefangener Sommerferien schwierig. Für die Strecke, die wir sonst in knapp 60 Minuten bewältigen, benötigten wir am 23.07.2018 geschlagene zwei Stunden und quälten uns dabei durch ca. 40 km zähfließenden Verkehr.

Mit dem Kauf der Konzertkarten hatten wir eindeutig wesentlich mehr Glück als am Abend des Konzerts. Als die Rückläufer des abgesagten Düsseldorf-Konzerts in den freien Verkauf gingen, konnte ich sofort zwei passable Karte erwerben, die wenige Tage später tatsächlich personalisiert im Briefkasten lagen. Das hatte ich mir ein wenig schwieriger vorgestellt, weil ich ganz einfach nicht damit rechnete, daß man überhaupt noch an diese Restkarten käme.

Als wir an der Arena ankamen, begaben wir uns zu unserem Eingang, wo die Warteschlagen Gott sei Dank nicht allzu lang war. An der Durchlaßstelle wurden unsere Tickets abgerissen und schon waren wir drin. Taschenkontrolle Fehlanzeige! Wir hätten alles mögliche in den Hosentaschen oder sonstwo verstecken können, denn es hat niemanden interessiert, was man dabei hatte. Wir hofften dann mal darauf, daß sich alle anderen Besucher auch nur wegen des Konzerts zur und in die Arena begeben hatten.

Nachdem wir in Richtung der Gazprom-Tribüne gegangen waren, bemerkten wir, daß am Einlaß das Ticket so abgerissen wurde, daß man nicht mehr lesen konnte, in welchem Block sich unsere Plätze befanden. Na, herzlichen Dank! Anstatt das Ticket an der rechten (vorgestanzten) Seite abzutrennen, wurde es einfach auf der anderen Seite abgerissen. Aber was sollten wir uns aufregen?! Ändern konnten wir es ja jetzt eh nicht mehr. Da ahnten wir aber noch nicht, welche Wege noch auf uns zukommen sollten…

Hier kann man am linken Rand sehr schön erkennen, wie die Karte genau falsch abgerissen wurde:
Eintrittskarte Ed-Sheeran-Konzert in Gelsenkirchen am 23.07.2018

Nachdem wir uns eine Knappenkarte besorgt und uns gestärkt hatten, wollten wir eigentlich die Vorgruppe genießen. Da wir aber ja nicht wußten, welchen Eingang wir nehmen mußten, fragten wir einen Service-Mitarbeiter und starteten damit unsere Odyssee. Die Service-Mitarbeiter schickten uns zum Service-Point, wo man aufgrund der Personalisierung anscheinend nachgucken könnte, wo wir denn säßen. Das zumindest stellten die sehr freundlichen Mitarbeiter in Aussicht. Am Service-Point teilte man uns dann mit, daß man uns eben nicht helfen könne und wir uns an die Firma Securitas wenden mögen, die das Hausrecht seitens des FC Schalke 04 als Eigentümer der Arena übertragen bekommen hat. Also watschelten wir zu einigen Mitarbeitern der Firma Securitas. Dort wiederum eröffnete man uns, daß man uns keine Hilfe zuteil werden lassen könne, da eine Fremdfirma mit der Kartenkontrolle beauftragt sei. Unser Geduldsfaden wurde vorher schon bei Außentemperaturen um die 30 Grad mit jedem Meter dünner und dünner. Nachdem wir sehr deutlich zum Ausdruck brachten, daß ja augenscheinlich die Dummheit irgendeines Mitarbeiters für unsere mißliche Lage verantwortlich sei und wir es nicht hinnehmen würden, die Karten aufgrund dieser Unfähigkeit verfallen zu lassen und eigentlich auch die bereits spielende Vorgruppe hören und sehen wollten, erbarmte sich eine Mitarbeiterin und bot uns ihre Hilfe an. Die sah so aus, daß wir erst einmal mit in den Oberrang laufen konnten, um dort mit einem weiteren Securitas-Mitarbeiter zu sprechen, der uns noch einmal versicherte, uns nicht helfen zu können. Also ging es die ganzen Treppen wieder runter und zu einem außerhalb des Geländes liegenden Container der Firma, die mit der Kartenkontrolle betraut wurde. Dort teilte man der Securitas-Mitarbeiterin die nächste offene Kasse mit, wohin wir uns dann begaben. Eine durchgeführte Abfrage meines Namens, der ja auf der personalisierten Eintrittskarte stand, führte zu der Aussage, daß auf den Namen keine Karten gekauft wurden. Die Nerven lagen ja eh schon blank! Sie bekam aber gerade noch die Kurve und fragte, ob ich die Karten bei eventim gekauft hätte, was ich bejahte. Ja, dann müßten wir zu einer ganz anderen Kasse, wo man uns helfen könne. Wir waren tatsächlich in der Servicewüste Deutschland. Und dabei augenscheinlich auch noch im dümmeren Teil. Nicht nur die Kartenabreißerin schien ihren Job verpaßt zu haben, auch die Dame an dieser Kasse mußte erstmal nachfragen, ob eventim der Verkäufer der Karten war. Steht ja nicht riesengroß oben auf der Karte – in heller Schrift auf dunklem Grund! Anne-Marie als Vorgruppe von Ed Sheeran hatte schon einen gewaltigen Teil ihrer Show abgespult, wir hingegen lediglich etliche Meter auf dem heißen Asphalt, ohne unserem Ziel jedoch bislang auch nur einen Zentimeter nähergekommen zu sein.

Am nächsten Kassenhäuschen tat man erstmal so, als ob man uns nur eventuell vielleicht helfen könne, aber das eben nicht so ganz sicher sei. Erst der zweite Mitarbeiter nickte vielversprechend, als man mit unseren Tickets in einem Hinterzimmer verschwand. Bei der Rückkehr konnte man uns dann doch tatsächlich unseren Block mitteilen. Die Securitas-Mitarbeiterin bat noch darum, den Block auf den Tickets zu notieren, was man prompt erledigen wollte, wenn man denn einen Kugelschreiber gehabt hätte. Der mußte erstmal gesucht werden und dann war das Werk vollbracht und wir konnten im Schlepptau der Wachdienstdame wieder zurück in den “Sicherheitsbereich” der Arena, der ja eigentlich gar nicht so sicher war, wie wir bei der ersten Einlaßkontrolle feststellen durften.

Die letzten Knappen, wie die Währung “auf Schalke” heißt, gingen für zwei Kaltgetränke drauf, die auch bitter nötig waren nach den ganzen Metern. Jetzt endlich konnte das Konzerterlebnis losgehen. Wir begaben uns in den Innenraum und suchten unsere Plätze. Dabei scannten die Augen den Block nach zwei freien Plätzen ab, die wir aber nicht fanden. Wie sich herausstellte, saßen Leute auf unseren Plätzen, die dort nicht hingehörten, was sie jedoch auch wußten und sofort aufstanden. Deren Problem war, daß sie für Düsseldorf Karten erworben hatten, die dann nach der Verlegung nach Gelsenkirchen umgetauscht und -geschrieben wurden. Und dadurch erhielten die fünf Personen dann Karten in unterschiedlichen Blöcken und konnten nicht mehr nebeneinander sitzen. Das aber nur am Rande.

Anne-Marie sang munter vor sich hin und wir stellten fest, daß es um die Luftqualität nicht zum Besten bestellt war. Das Dach der Arena war geschlossen, was nicht unbedingt förderlich war. Aber ändern konnten wir auch das nicht. Wir wunderten uns darüber, daß viele jüngere Zuschauer jeden Song der Dame auf der Bühne mitsingen konnten, während wir bis dahin noch nicht einmal wußten, um wen es sich denn da überhaupt handelte. Den Anfang, bei dem man das eventuell hätte in Erfahrung bringen können, hatten wir ja verpaßt. Shazam konnte jedoch helfen und wir hatten Klarheit. Als das Lied “Rockabye” anfing, war ich noch erstaunt, daß sich das erstaunlich gut anhörte und eigentlich dem Original in nichts nachstand, bis dann eine Google-Suche auch hier dafür sorgte, warum das so war, denn das war das Original. Kein Wunder, daß es sich so anhörte, wie es sich anhörte!

Als Anne-Marie ihr Mini-Konzert beendet hatte, folgte erst einmal wieder eine längere Pause, die mit Musik vom Band unterlegt wurde. Warum eigentlich? Okay, die Bühne mußte noch ein klein wenig umgebaut werden, aber das wäre innerhalb kürzester Zeit möglich gewesen. Ich persönlich glaube ja, daß die Künstler in diesen Minuten irgendwo hinter der Bühne sitzen und sich kaputtlachen, wieviele Leute irrsinnig viel Geld dafür ausgegeben haben, vor der Bühne zu stehen. Und dabei denken sich die Künstler dann “Die lassen wir noch was warten… Warum? Weil ich’s kann!” Und prinzipiell hätten sie damit vollkommen recht. Aber wir wollen ja niemandem etwas unterstellen.

Irgendwann gingen die Videoleinwände an und die Unruhe in der Arena nahm merklich zu, bis dann endlich der Hauptact des Abends zu sehen war: Ed Sheeran schritt zusammen mit seinem Instagram-erfahrenen Bodyguard hinter der Bühne entlang und wurde dabei von einer Kamera eingefangen. Am seitlichen Bühnenaufgang wurde ihm eine Gitarre gereicht und ehe man sich versah, hatte das Konzert angefangen. Die folgenden knapp 1,5 Stunden gehörten Ed Sheeran, der neue und alte Songs performte und zwischen den Songs – gerade am Anfang – sehr viel mit dem Publikum sprach. Natürlich freue er sich, in Deutschland zu sein, weil das Publikum hier sehr besonders sei und er eine spezielle Beziehung zum Land habe. Also im Endeffekt das, was eigentlich jeder Künstler auf jeder Bühne der Welt zu jedem Publikum sagt. 😉

Aber mit jedem weiteren Song versank er immer mehr in der Musik und die Ansagen wurden weniger bzw. kürzer. Die Stimmung in der größten Turnhalle stieg dafür merklich immer mehr an und spätestens als “I see fire” gespielt wurde, steuerte sie auf den Siedepunkt zu. Der war für mich erreicht, als Ed Sheeran einen der schönsten Lovesongs aller Zeiten und das meiner Meinung nach beste Lied des Jahres 2017 sang. Ein Lichtermeer ließ den Innenraum der Arena “Perfect” erstrahlen. Reihenweise lagen sich die Pärchen in den Armen und tanzten – Gänsehaut inklusive. Für mich mein persönlicher Highlight-Moment des gesamten Abends! Danach hätte ich auch nach Hause gehen bzw. fahren können. Aber ein paar Lieder hatte Mr. Sheeran noch in petto, die auch noch gesungen werden wollten, bevor er den letzten Song ankündigte und anschließend von der Bühne verschwand.

Ed-Sheeran-Konzert in Gelsenkirchen am 23.07.2018

Selbstverständlich kam er für eine Zugabe nochmal zurück, trug dabei ein Deutschland-Trikot und eine Deutschland-Fahne in der Hand, machte das obligatorische Instagram-Foto und spielte noch zwei Songs, u. a. “Shape of you”, was noch einmal Begeisterungsstürme im Publikum auslöste.

Unter’m Strich ein sehr schönes Konzert (wenn man unsere Begleitumstände mal außer acht läßt). Es war ein Erlebnis, Ed Sheeran live zu erleben, wenn man bedenkt, daß er völlig alleine auf der Bühne steht und seine Akkorde allesamt selber einspielt. Dementsprechend fertig sah er aber zugegebenermaßen zum Ende des Konzerts auch aus. Aber zumindest hat er seiner Aussage, daß das nicht sein Konzert sei, sondern das Konzert aller Besucher, Taten folgen lassen und das Publikum oftmals mit eingebunden. Würde ich mir Ed Sheeran noch einmal live anschauen? Ja, definitiv.


“Sing”

(Die Videos und Fotos sind allesamt mit einem iPhone 8 aufgenommen.)

2 Kommentare

    • Wie ich schrieb: Die Nerven lagen blank! Oder wie sagt man so schön? Ein Funke hätte gereicht… Bei uns fehlte auch nicht mehr viel.

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