Alcatraz

Machen Sie kein Bild davon, wie es aussieht, sondern wie es sich anfühlt.~David Alan Harvey

Der Wecker klingelte um 08:30 Uhr, weil wir um spätestens 09:45 Uhr aufbrechen wollten zu Pier 33, von wo aus die Fähren nach Alcatraz ablegen, denn wir hatten bereits zu Hause für heute 11:00 Uhr ein Ticket erworben. Außerdem sollte heute das nächste kuriose Kapitel in unserem Urlaubsbuch geschrieben werden…

Vom Hotel aus war zunächst ein Spaziergang von einer Viertelstunde zu bewältigen. Nachdem wir unsere Voucher gegen Tickets getauscht hatten, blieb noch ein wenig Zeit, so dass wir das Geschehen um uns herum auf uns wirken ließen. Das Boarding begann vierzig Minuten vor dem Ablegen und wir konnten noch zwei Sitzplätze auf dem überdachten Oberdeck ergattern. Die Fähre füllte sich immer mehr und gleich neben uns nahmen fünf junge Mädels Platz, dem Hören nach wohl Engländerinnen. Die Überfahrt dauerte knapp 15 Minuten und als wir kurz vor Alcatraz waren und der Kapitän sich daran machte, das Schiff am Dock in eine gute Position zu bringen, standen so langsam alle Passagiere auf. Ich stand längst an der Reling, weil die Position einige gute Fotos ermöglichte. Als ich zu meiner Frau zurückkehrte, hörte ich nur, wie eines der Mädels zu demjenigen, das die ganze Zeit neben mir saß, sagte “Lay down on the floor”, was ich zunächst gar nicht so wahrnahm. Erst als die junge Dame die Augen verdrehte und wie ein angeknockter Boxer taumelte, bevor sie tatsächlich zu Boden fiel und dabei mit dem Hinterkopf aufschlug, wurde uns der Ernst der Lage bewusst. Zwar waren ihre Freundinnen bemüht, die Beine anzuheben und ihr gut zuzureden, aber das bekam sie gar nicht mit, weil sie komplett weggetreten war. Meine Frau kniete sich direkt zu ihr und begann, Erste Hilfe zu leisten, während ich zum Kapitän rannte und ihn informierte. Er entschied daraufhin, den Vorgang des Anlegens umgehend abzubrechen und zurück nach San Francisco zu fahren, weil es auf Alcatraz keinerlei medizinische Versorgung gibt. Zwischendurch fragte er, ob ein Arzt oder eine Krankenschwester an Bord sei. Kurz darauf erschien jemand, der sich als Firefighter outete und helfen wollte. Meine Frau war immer noch mit ihrer Ersten Hilfe beschäftigt und eine der Freundinnen tat das, was man in einer solchen Situation unbedingt machen muss: Sie entfernte ihrer ohnmächtig am Boden liegenden Freundin eine unechte Wimper von der Wange und schloß ihren durch den Sturz geöffneten Ohrring, was offensichtlich Schlimmeres verhindert hat!!! Die Erste Hilfe meiner Frau zeigte Wirkung (oder die entfernte Wimper), denn das junge Fräulein öffnete ihre Augen und kam wieder zu sich. Aber wahrscheinlich war das nur Zufall und das Schließen des Ohrrings holte sie zurück.

Als wir wieder an Pier 33 anlegten, standen die Rettungssanitäter schon bereit. Die junge Dame saß wieder aufrecht auf der Bank. Als sie mitsamt ihren Freundinnen das Schiff verlassen hatte, nahmen wir den zweiten Anlauf, um heute noch nach Alcatraz zu kommen. Wir können also behaupten, an einem Tag gleich zweimal nach Alcatraz gefahren zu sein. Kann auch nicht jeder!

Auf der Insel konnten wir uns frei bewegen, was die Bewohner logischerweise damals nicht konnten. Ganz so frei war das aber dann doch nicht, denn wir machten das, was alle taten: Wir nahmen den kostenlosen Audioguide mit, der einen sehr eindrucksvoll durch den Gefängnistrakt führt. Dabei haben wir eine ganze Menge erfahren dürfen. Knapp zwei Stunden dauerte der sehr interessante Rundgang, bevor wir uns wieder bei der Fähre anstellten, die uns ans Festland brachte.

Fotowert: 5 out of 5 stars (5 / 5)

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