Dresden im Juli 2018

Das Hauptinstrument des Fotografen sind seine Augen.~Manuel Alvarez Bravo

Als Eurowings im Februar günstige Flugtickets anbot, klickte ich mich so durch eben diese Angebote und entschied mich kurzerhand dazu, zwei Tagestrips in Angriff zu nehmen: Dresden und Zürich im August. Die Flüge nach Dresden und zurück gab es für 69,98 Euro. Als ich online eincheckte, buchte ich für den Rückflug einen Sitz im vorderen Bereich mit mehr Beinfreiheit für 19,95 Euro dazu.

Als ich dann einen Tag vor dem Trip nach den Wetteraussichten guckte, mußte ich doch erstmal schlucken. In der Wetter-App des iPhones war von einer Regenwahrscheinlichkeit von 60% die Rede, während www.wetter.de gar in der relevanten Zeit meines Aufenthaltes von einer Regenwahrscheinlichkeit von ca. 90% schrieb. Da haben wir wochenlang den strahlendsten Sonnenschein und Temperaturen um die 30 Grad und der einzige Tag, an dem ich einen Fototrip geplant hatte, hält eine solche Wettervorhersage parat! Sollte der Trip etwa wettertechnisch genauso ein Desaster werden wie der Prag-Trip??? Um es vorwegzunehmen: Ja, er wurde es!

Mein erster Weg im Hauptbahnhof, den ich nach meiner Landung mit der S-Bahn erreichte, führte mich zum Starbucks. Anschließend kaufte ich mir für 4 Euro einen Regenschirm bei Rossmann, verließ den Hauptbahnhof und schlenderte los. Die Straßen waren menschenleer, wie es um die Uhrzeit nicht anders zu erwarten war, denn schließlich dauerte es noch fast zwei Stunden, ehe die Geschäfte ihre Pforten öffnen sollten. Ich war so ziemlich der einzige, der planlos durch die Gegend lief. Vereinzelt sah man Menschen über den Asphalt huschen, im Bestreben, möglichst schnell ihren Arbeitsplatz oder sonst einen trockenen Ort zu erreichen. Ich spazierte gemütlich mit dem schweren Kamerarucksack auf dem Rücken und dem Schirm in der Hand durch die Fußgängerzone. Das Tröpfeln des Regens auf dem Schirm und der klatschnasse Untergrund verleiteten einen nicht unbedingt dazu, den Blick in irgendeine Richtung zu lenken. Es mußt erst einmal etwas zu frühstücken her, denn seitdem der Wecker um 05.00 Uhr geklingelt hatte, hatte ich noch nichts gegessen. Vielleicht sähe die Welt danach ja schon wieder ein wenig freundlicher aus oder zumindest anders.

Und wo bekommt man mitten in einer menschenleeren Fußgängerzone etwas zu essen her? Natürlich! Auf das goldene M ist Verlaß. Da kann es auch noch so schütten. Ich hatte schon lange nicht mehr beim McDonald’s gefrühstückt, so daß ich ein wenig gespannt war, was sich in den letzten Jahren hier so alles getan hatte. Im Schnellrestaurant war es wesentlich voller als auf der Straße, was einen bei dem Wetter und den Außentemperaturen auch nicht unbedingt wundern sollte. Ich setzte mich mit meinem Frühstück für knapp 7 Euro ins Obergeschoß, schaute während des Essens auf die Straße und hoffte auf nachlassenden Regen. Dem war aber leider nicht so. Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, wo man dann endlich mal aufstehen sollte, was ich auch tat. Vor der Tür verbrachte ich noch einige Zeit. Warum? Ganz einfach, weil es ein Vordach gab, unter dem man sich unterstellen konnte. Als ich so überlegte, was ich denn jetzt machen könnte, entschied ich mich dazu, mein Stativ auszupacken und schräg gegenüber an einem Springbrunnen die Kamera aufzustellen. Ich hatte ja einen Regenschirm, so daß ich prinzipiell von oben ja nicht unbedingt naß werden konnte und die Kamera auch nicht.

Was soll ich sagen?! Gar nicht so einfach zu fotografieren und die Einstellungen vorzunehmen, wenn man in einer Hand einen Regenschirm hält und stets darauf achten muß, daß er sich sowohl über der Kamera als auch über einem selber befindet. Als ich einige Fotos gemacht hatte, stellte ich fest, daß das Objektiv auf manuellem Fokus gestellt war. Herrlich! Also nochmal von vorne! Die vorbeieilenden Menschen schauten mich alle irgendwie ein wenig mitleidig an. Aber würde ich das nicht auch tun, wenn ich bei solch einem Wetter an jemandem vorbeigehen würde, der fotografiert?

Ich packte meine Sachen wieder zusammen und ging einfach ein Stück weiter in Richtung Elbe, also Richtung Norden. Weit kam ich nicht, weil der Regen wieder stärker wurde. Es hieß also, sich wieder unterzustellen. Erinnerungen an Prag im Mai wurden wach. Was sag ich?!? Wach? Sehr lebendig wurden sie! Und der London-Trip vom letzten August (!!!) war auch wieder präsent. Heute war ich durch den Regenschirm zwar ein wenig gegen den Regen geschützt, aber gegen die vielen Pfützen konnte er auch nichts ausrichten, so daß meine Schuhe mittlerweile schon gut durchnäßt waren. Und die Kälte kroch auch unter die dünne Regenjacke. Und wenn ich nicht morgen oder übermorgen mit einer Erkältung kämpfen wollte, mußte ich etwas unternehmen. Jetzt!!!

Ich verschwand im Karstadt und probierte diverse Pullis, Jacken und Westen an, ehe ich mich für eine Fleece-Jacke von Columbia entschied, die von 80 Euro auf 40 Euro runtergesetzt war. An der Kasse gab es dann noch einmal 30%, so daß ich letzten Endes nur 25 Euro zahlte. Jetzt war ich also stolzer Besitzer eines neuen Regenschirms und eines Pullovers. Da hatte der Trip doch schon mal etwas gebracht.

Als ich wieder auf die Straße trat, regnete es immer noch. Ich ging Richtung Zwinger und als ich dort ankam, war ich ein wenig irritiert. Ich konnte tatsächlich meinen Regenschirm schließen, denn es regnete nicht mehr. Also Kamera raus und los! Ich wollte ja nicht nur Dresden fotografisch erkunden, sondern mich auch mit meiner neuen Kamera auseinandersetzen. Letzteres ist kolossal in die Hose gegangen, wie ich zu Hause feststellte, doch dazu später mehr…

Ich watschelte vom Zwinger zur Semperoper und vorbei an anderen historischen Gebäuden, von denen jedoch keines bleibenden Eindruck bei mir hinterließ. Ich könnte jetzt im nachhinein wohl auch kaum eines der Gebäude korrekt benennen. Dementsprechend unmotiviert ging ich durch die Straßen, immer wieder unterbrochen von kurzen Regenschauern. Ich hätte den Trip auch gut und gerne sofort abbrechen können. Die Überlegung war sogar so weit fortgeschritten, daß ich mit dem Smartphone schon nach Zügen und Preisen guckte. Ich entschied mich dennoch dagegen, denn dann würde ich ja eine Menge Geld aus dem Fenster werfen und vielleicht würde der Tag ja doch noch was werden…

Und während ich so durch die Straßen und über die Plätze Dresdens ging, fiel mir auf, wie leer hier alles war. Und das lag mit Sicherheit nicht am Regen, denn der war weniger geworden. In Prag waren die Straßen bei ähnlichem Wetter rappelvoll. Woran das lag, daß hier weniger los war, konnte ich jedoch nicht mehr ergründen. Als ich am Altmarkt ankam, auf dem im Dezember immer der Striezelmarkt stattfindet, meldete sich mein Magen. Auf der einen Seite des Platzes leuchtete wieder das goldene M (Komisch! Warum war mir den ganzen Tag noch nicht ein Burger King aufgefallen?). Innen war es jedoch so voll, daß ich mich darauf besann, was ich als „Programm“ für einen Regentag ausgesucht hatte. Als ich montags erfuhr, wie das Wetter werden sollte, nahm ich mir vor, einen richtigen Burger essen zu gehen. Auf der anderen Seite des Altmarkts befindet sich „Hans im Glück“, wohin ich mich begab. Gestärkt, um 20 Euro ärmer, aber von sehr freundlichen Mitarbeitern umsorgt, spuckte mich das Lokal eine knappe halbe Stunde später wieder auf die Straße. Was nun mit dem angefangenen Tag?

Ich wollte ja vorher eigentlich zum Stadion von Dynamo Dresden. Aber jetzt mit Suppenkoma? Bis zur Abreise waren es jedoch noch einige Stunden. Ich suchte mir also die nächstgelegene Haltestelle und fuhr mit dem Bus zwei Stationen zum DDV-Stadion. Dort machte ich einige Fotos und ging anschließend in den direkt gegenüberliegenden Großen Garten mit dem Palais. Ein schöner Spaziergang folgte. Ich umrundete das Palais und knipste auch hier fleißig, bevor es den ganzen Weg wieder zurück zur Haltestelle ging. Der Bus brachte mich wieder zurück in die Innenstadt und dort ging ich noch ein wenig durch die Straßen.

Der Regen war mittlerweile nur noch sehr sporadisch da. Glücklicherweise hatte er mich im Großen Garten komplett verschont. Ich ging langsam in Richtung Hauptbahnhof und setzte mich unterwegs noch etwas auf eine der am Wegesrand stehenden Bänke. Dabei beobachtete ich das Treiben auf der Prager Straße – just an der Stelle, an der ich heute morgen vis-a-vis unter dem Vordach stand und wo rein gar nichts los war. Jetzt war es ein munteres Treiben, wie es sich in den Fußgängerzonen deutscher Großstädte tagtäglich abspielt. Als ich genug gesehen hatte, baute ich meine Kamera noch einmal an der Stelle auf, an der ich sie heute morgen auch aufstellte. Ich probierte ein wenig herum und nutzte meinen ND-Filter von Cokin. Das Ergebnis war auch hier sehr ernüchternd, wie ich zu Hause feststellen sollte…

Im Anschluß ging ich zum Hauptbahnhof und spazierte noch ein wenig herum, bevor ich im Inneren verschwand. Die S-Bahn brachte mich zuverlässig zum Flughafen, wo ich mich auf eine Bank setzte und mein am Morgen gekauftes Buch las, wie ich es mittags geplant hatte, als ich über meine frühzeitige Abreise nachdachte. Dabei lud ich mein iPhone mit meiner Powerbank und mußte feststellen, daß die Kapazität bereits erschöpft war, als das iPhone erst 46% Akku hatte. Das sollte aber wohl bis nach Hause reichen! Eine halbe Stunde vor’m Boarding ging ich zur Sicherheitskontrolle, die ich anstandslos passierte. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

Bei der Planung war mir ein „Fehler“ unterlaufen. Ich war so fasziniert von den günstigen Preisen und stellte mir anhand des Dienstplans meine Trips zusammen, bis alles paßte und ich zufrieden war. Dummerweise war ich dann doch nicht zufrieden, denn genau zum Zeitpunkt des Rückfluges fand das erste WM-Halbfinale statt. Gut, Deutschland war schon lange ausgeschieden, aber gesehen hätte ich das schon ganz gerne. Wäre Deutschland noch im Turnier gewesen, hätte ich mir wohl noch ein Hotelzimmer gesucht und den Flug umbuchen müssen. Das blieb mir erspart. Ich saß zusammen mit den anderen Passagieren am Gate und wartete auf’s Boarding, als sich plötzlich eine merkwürdige Unruhe breit machte. Der Grund dafür? Der Flug wurde um 30 Minuten verschoben. Eine halbe Stunde ist ja noch überschaubar. Und während wir weiter warteten, verschob sich der Start immer weiter nach hinten. Letzten Endes hob der Flieger knapp 2 ¼ Stunden später ab.

Jetzt muß man aber nicht denken, daß irgendjemand von Eurowings oder vom Flughafen Dresden auf die Idee gekommen wäre, den wartenden Passagieren zu ermöglichen, das Fußballspiel zu schauen! Im ganzen Sicherheitsbereich, in dem ansonsten niemand mehr war, der an diesem Tag noch fliegen wollte, gab es nicht einen Fernseher. Vereinzelt saßen die Leute vor ihren Smartphones und schauten den Livestream der ARD. Da kann man sich natürlich schlecht hinter jemanden setzen und über die Schulter gucken. Und ich? Ich hab mal testweise fünf Minuten geguckt und dann festgestellt, wie schnell der Akku wieder leer wird. Also habe ich immer mal wieder eine Minute geguckt und direkt wieder ausgemacht. Als wir in Köln landeten, hatte ich nur noch 4% Akku. Zumindest das hatte halbwegs funktioniert. Von Eurowings gab es übrigens Verzehrgutscheine in der Höhe von fünf Euro, um sich in der Bar im Sicherheitsbereich etwas holen zu können. Ich habe darauf verzichtet. Was bekommt man schon für fünf Euro an einer Bar, wo die Flasche Coke schon 4 Euro kostet?!

Am nächsten Tag ging es an die Sichtung der Bilder, nachdem ich zunächst einmal die Powerbank in hohem Bogen in die Mülltonne bugsiert hatte. Und diese Sichtung war genauso frustrierend wie es der vorherige Tag in Gänze auch war. Ich wurde von Bild zu Bild immer aggressiver und hatte überhaupt keine Lust, auch nur ein einziges Bild zu bearbeiten. Am liebsten hätte ich alle Bilder gelöscht. Zeigenswert sind sie alle nicht!

Unter’m Strich habe ich für mich beschlossen, daß ich nicht in Dresden war und daß ich aufgrund des geringen Wiedererkennungswertes der Sehenswürdigkeiten auch niemals dorthin möchte.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*